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Füttern nach Beikostplan? Warum du nicht extra fürs Baby kochen musst
Du möchtest bald Beikost einführen und fragst dich, ob du den klassischen Weg des Babybreies oder den „modernen“ Weg mit BLW (Baby-led Weaning) für dein Kind wählen sollst?
Ist BLW überhaupt eine sichere Ernährung für mein Baby?
In diesem Artikel erfährst du, warum Breie nicht mehr zeitgemäß sind und wie eine intuitive Ernährung des Babys aussehen kann.
Zur Autorin Jana Pesch
Die Ernährungswissenschaftlerin (Ökotrophologin, um genau zu sein) Jana Pesch ist 32 Jahre jung und selbst Mutter von zwei Kleinkindern. Sie arbeitete nach ihrem Studium unter anderem bei Hipp im wissenschaftlichen Außendienst und beriet Hebammen und Kinderärzte, bis sie den Entschluss fasste, sich mit ihrer Bio-Teemarke NAROMA selbstständig zu machen.
Seither bietet sie ihrem Onlineshop Zyklustee, Schwangerschafts- und Stilltee sowie Teemischungen speziell für Frauen an.

Inhaltsverzeichnis

Aktuelle Beikostpläne- Überholte Ratschläge von öffentlichen Institutionen
Eltern wird seit langer Zeit gepredigt dem Baby ab den Beikostreifezeichen (mehr dazu siehe unten) pürrierte Nahrung bzw. Breie zu füttern. Es kursieren unzählige „Brei-Fahrpläne“ oder “Baby-Beikost-Ernährungspläne”. Demnach sollen Babys ab der Beikostreife mit Gemüsebrei, dann Gemüsebrei mit Kartoffeln und später Gemüsebrei mit Fleisch und/oder Fisch gefüttert werden. Danach kommen Getreide-Obst-Breie in den Speiseplan und letztendlich Milch-Getreide-Breie hinzu, die man als Abendbrei servieren soll.
Aber warum sollte man seinem Kind Speisen geben, die man selbst nicht isst? Oder gibt es bei dir Pastinaken Brei oder Getreidebrei auf dem Tisch? Doch bevor ich näher auf den Speiseplan eingehe, ist es wichtig, die Reifezeichen für die Einführung der Beikost zu verstehen:
Beikost Reifezeichen erkennen
Die wichtigsten Beikostreifezeichen der WHO (World Health Organisation, oder zu deutsch Weltgesundheitsorganisation) sind (abgesehen vom unveränderten, empfohlenem und ausschließlichem Stillen bis zum sechsten Lebensmonat) diese Punkte:
Zungenstreckreflex (der feste Nahrung aus dem Mund befördert) ist verschwunden oder stark abgeschwächt
Dein Baby kann mit leichter Unterstützung im unteren Rücken aufrecht sitzen
Es kann seinen Kopf alleine halten
Euer Baby zeigt deutliches Interesse am Essen
Es kann selbstständig Nahrung greifen und zum Mund führen
Das Baby macht Kaubewegungen
WICHTIG! Das Baby sollte NUR im Sitzen, entweder selbstständig oder mit Unterstützung auf dem Schoss, etwas essen! Egal ob Brei oder BLW-Kost! NIEMALS IM LIEGEN!
Baby-led Weaning hoch im Trend
Seit einigen Jahren sieht und hört man immer mehr vom BLW, dem Baby-led Weaning. Sinngemäß könnte man dies in „Ernährung geleitet vom Baby“ übersetzen, sprich das Baby entscheidet selbst, was es isst. Die BLW-Methode sieht vor, dass Babys ab dem sechsten Lebensmonat Nahrung angeboten bekommen, die sie selbst greifen und mit der Zunge oder dem Gaumen zerdrücken können. Doch viele Eltern machen sich Sorgen, dass sich ihre Kinder an fester Nahrung verschlucken und im schlimmsten Fall daran ersticken.
Eine neuseeländische Studie, die sich intensiv mit dem vermeintlich erhöhtem Erstickungsrisiko bei BLW beschäftigt, fand heraus, dass BLW zu keinem erhöhten Risiko im Zusammenhang mit Erstickung führt. Zwar würgen solche Kinder mit sechs Monaten öfter, dennoch ist würgen nicht dasselbe wie verschlucken oder ersticken. Dieser Prozess legt sich meist um den achten Monat.
Würgen ist bei der Nahrungsaufnahme ein körperlicher Schutzmechanismus, der dafür da ist, dass der Nahrungsbrei von der Speiseröhre ferngehalten wird. Sollte dennoch etwas Nahrung weiter „rutschen“ und in die Speiseröhre gelangen, wird dein Kind anfangen zu husten und im Zweifelsfall wird es erbrechen. Dies sind alles natürliche Schutzmechanismen des Körpers, die dir zeigen, dass alles richtig funktioniert.

Beikosteinführung mal anders – Im Ausland ohne Beikostplan
Vielleicht hast du dich auch schon mal mit Müttern aus anderen Kulturen und Ländern über die Beikost ausgetauscht. Bemerkenswert ist, dass in anderen Ländern oftmals keine Breie gefüttert werden. Vielmehr hat jede Kultur ihre eigenen und altbewährten Traditionen, wenn es um den Beikoststart geht.
In einem Interview mit Müttern aus anderen Ländern bekam ich einen Einblick über die unterschiedlichen Esskulturen im Ausland. In Vietnam und Indonesien beispielsweise ist die Nahrung für die Kleinsten intensiv gewürzt. Dort wir die Beikost mit Gewürzen wie Knoblauch, Ingwer oder Würzpasten verfeinert, während bei uns die Empfehlungen lauten, die Beikost so wenig wie möglich zu würzen. „Da würde die deutsche Mama die Hände über’m Kopf zusammeschlagen!“, befürchtet meine Freundin Jenny.
Doch auch wenn tatsächlich Breie gefüttert werden, bestehen Abweichungen in der Auswahl der Zutaten. In Italien findet man Babygläschen im Supermarkt, die Pferdefleisch beinhalten. In Deutschland ist es wahrscheinlich unvorstellbar für eine Mutter, ihrem Baby ein Gläschen „Gartengemüse mit Nudeln und zartem Pferdefleisch“ zu füttern.
Alhir, die gebürtig aus Ägypten stammt, erzählte mir, dass in ihrer Heimat die Kinder Ei und Joghurt angeboten bekommen. „Grundsätzlich wird da kein so großes Tamtam gemacht, was das Essen angeht. Die Kinder werden eben mit dem gefüttert, was da ist und gut ist’s“, so Alhir.
In Russland hingegen, wird laut Katharina nicht extra für Babys gekocht. „Mama oder Papa zerkauen das Essen im eigenen Mund und geben es dann dem Kind, es wird alles mitgegessen, was auf den Familientisch kommt“.
Mein Eindruck ist, dass in anderen Ländern wenig Beikost Empfehlungen oder gar ganze Pläne, so wie wir sie kennen, existieren. Vielmehr wird in anderen Kulturen seit Jahrhunderten eine intuitive Ernährung von Babys praktiziert, ohne feste Pläne und Vorgaben.
Meine Erfahrungen mit der Beikosteinführung
Ich selbst konnte es kaum erwarten meinem Kind endlich Beikost zu füttern. Mit dem Thermomix kochte ich Bio-Möhrenbrei und frierte ihn portionsweise ein. Tja, leider machte ich die Rechnung ohne meine älteste Tochter. Sie zeigte keinerlei Interesse an Brei, sei es Kartoffel- oder Möhrenbrei, auch mit Fleisch blieb die Begeisterung aus. Den Getreidebrei konnte ich ihr nur in Kombination mit Obstbrei unterjubeln. Das Einzige, was sie annahm war Obstbrei pur, aber ich konnte sie nicht den ganzen Tag mit Obst füttern.
Bei meinem zweiten Kind versuchte ich es erst keinen klassischen Brei, sondern startete direkt mit der BLW-Ernährung. Mein Sohn bekam einfach eine Banane in grobe Stücke geschnitten und konnte sich daran selbst ausprobieren. Später kamen noch gekochte Möhren und Kartoffeln dazu, die er selbst greifen und kennenlernen konnte. Ich erlebte kein mal, dass er sich verschluckte oder würgte, vielmehr hatte er Spaß am Essen und war zudem lange beschäftigt (besonders wichtig, wenn man zwei Kinder zuhause rumspringen hat).
Breie oder BLW? Mein Fazit zur sinnvollen Beikosteinführung
Ich bin der festen Überzeugung, dass Eltern ihrer Intuition folgen, anstatt sich an staubige Beikost Einführungspläne richten sollten. Ich verstehe nicht, warum man einem Baby Speisen füttern sollte, die man selbst nicht isst. Allein die Tatsache, dass es in Deutschland überhaupt Kurse zur Beikosteinführung gibt, verdeutlicht die Verunsicherung der Eltern durch unterschiedlichste Empfehlungen. Stattdessen sollten wir uns ein Vorbild an anderen Ländern und Kulturen nehmen, in denen seit langem erfolgreich eine intuitive Ernährung von Babys gelebt wird.
Was sind deine Erfahrungen mit der Beikosteinführung???
Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Quelle zur Studie: https://pediatrics.aappublications.org/content/138/4/e20160772